World Leader Summit Fazit | COP Daily – Tag 2

Der zweite Tag der Weltklimakonferenz geht zuende. Den Fokus in unserer heutigen COP daily-Ausgabe setzen wir heute vor allem auf folgende Themen:

Inhalt

    Instagram Post zu Tag 2 der COP27 (rein visueller natur)
    Foto: @mariejacquemn

    Was waren die Erwartungen?

    Der zweite Tag der Weltklimakonferenz geht zuende. Den Fokus in unserer heutigen COP daily-Ausgabe setzen wir heute vor allem auf die Debatte rund um #FreeAlaa, die “Fossile Renaissance” von Olaf Scholz, die Situation auf dem COP-Gelände und zur Überwachungslage, Ursula von der Leyens Rede und auf die Aktionen von Klimaaktivist:innen auf der COP27. 
     
    Wir müssen ein besonderes Augenmerk darauf legen, inwiefern sich die Narrative der Staats- und Regierungschef:innen verwässert oder verschärft haben. Was ist mit den Zusagen der COP26 in Glasgow passiert – werden sie weiterhin anerkannt? Oder wird vielmehr ein Weg um die selbst gesetzten Ziele herum gesucht, zum Beispiel in Form der Carbon Credits? Bisher sieht es schlecht aus; nur 24 der 197 Staaten haben sich nach der COP26 an ihre Versprechen gehalten und ihre nationally determined contributions (NDCs) – ihre staatlichen Klimaziele – angepasst.
     
    Neben diesen verhandlungsbezogenen Themen ist es auch spannend zu sehen, was außerhalb der Plenarsitzungen passiert: Wie wird mit den anwesenden Aktivist:innen umgegangen? Welche Aktionen können stattfinden und unter welchen Voraussetzungen?

    Starke Aussagen & Zitate

    Saana Seif ist eine ägyptische Aktivistin und Schwester des inhaftierten Alaa Abdel-Fattah.

    The good outcome has happened. I've been connected with many activists and many people who are very inspiring, who I'm learning from. [...] I have a big hope that this happening here, will have a good impact." - Saana Seif

    Luisa Neubauer ist Fridays-for-Future-Aktivistin.

    Unser größter Gegner ist die Zeit. Emissionen müssen schneller als je zuvor reduziert werden – vor allem in den Ländern, die die meisten Emissionen verursachen, wie etwa Deutschland. Der zweite große Feind sind die fossilen Lobbys, die bei dieser Klimakonferenz vorhaben, überall für mehr fossile Energien zu werben." -- Luisa Neubauer

    Highlights

    #FreeAlaa

    Alaa Abdel-Fattah ist seit dem arabischen Frühling 2011 eine der wichtigsten
    Stimmen im ägyptischen Zivilprotest. In einem offenen Brief w
    andten sich Klima- und Naturschutzaktivist:innen an Annalena Baerbock und plädieren an ihre Moral und ihre politische Macht: Sie solle sich für die Freilassung von Alaa und anderen politischen Gefangenen einsetzen.
    Alaa befindet sich seit April in einem Hungerstreik und hat zu Beginn der COP27 auch das Trinken eingestellt. Damit begibt er sich in akute Lebensgefahr. Aktuell gibt es keine verlässlichen Lebenszeichen, denn die ägyptischen Behörden lassen keine Informationen aus dem Gefängnis nach außen dringen.
    Human Rights Watch und Amnesty International haben heute Abend im deutschen Pavillion auf der COP27 eine Panel-Diskussion zum Thema Menschenrechte durchgeführt, bei der auch Alaas Schwester Saana Seif über Alaas Situation sprach.
    Saana ist ebenfalls Aktivistin und tritt nun in Solidarität zu ihrem Bruder in die Öffentlichkeit.
    Weltweit setzen sich zahlreiche Aktivist:innen (auch von FFF) mit verschiedenen Aktionen wie dem offenen Brief und dem Hashtag #FreeAlaa für die Freilassung Alaas und anderen politischen Gefangenen ein und stehen Sanaa damit solidarisch zur Seite.

    Mr. Scholz, No New Gas!

    Wie gestern berichtet, hat Olaf Scholz auf vor einer “fossilen Renaissance” gewarnt – trotz diverser fossiler Lock-Ins in Europa und spezifisch in Deutschland. Solche Aussagen sind scheinheilig, denn Scholz mahnt andere Länder (notwendigerweise) zu mehr Klimaschutz, hält sich aber selbst nicht an seinen Appell. Deswegen haben viele Aktivist:innen aus den verschiedensten Bereichen gemeinsam eine Aktion zu diesem Thema auf die Beine gestellt und sich Nachrichten auf die Hände geschrieben, die sie in die Kameras der internationalen Presse hielten: 
    “Mr. Scholz, no new gas!”
    Aktivist:innen halten bei einer Pressekonferenz am Rande der COP27 ihre beschriebenen Hände in die Kamera, zu lesen ist "Mr. Scholz no new gas"

    Lowlights

    Carbon Credits / Emissionshandel

    Ein Thema, das auf der COP27 auch heute wieder aufgekommen ist, ist das des Emissionshandels – der sogenannten “Carbon Credits”.
    Dabei geht es darum, dass Unternehmen eingesparte Emissionen von Staaten als “CO2-Zertifikate” abkaufen können, um ihren eigenen Ausstoß zu legitimieren.
    Die Forderung wurde vor allem von den USA propagiert, die als wirtschaftlich stärkstes Land ein Interesse daran haben, den Klimaschutz an Marktmechanismen zu binden. John Kerry, der klimapolitische Berater des US-Präsidents Joe Biden kündigte an, Unterstützung für eine solche Initiative zu sammeln. 
    Emissionshandel klingt vielleicht erstmal wie eine gute Idee – ist er aber nicht. Denn in den seltensten Fällen führt er dazu, dass effektiv Emissionen eingespart werden. Stattdessen pusten die reichsten Staaten und Industrien weiterhin Treibhausgase in die Atmosphäre, ohne dass sie reale Konsequenzen dafür erfahren. Wenn sie denn genug Geld haben können sie machen was sie möchten und sich von Verantwortung freikaufen.
    Es ist wichtig, dass wir uns in Anbetracht der wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die dieses Jahr uns alle – so auch die Staatengemeinschaft – beschäftigen, nicht mit genau dem Markt solidarisieren, der uns über seine fossilen Abhängigkeiten jahrzehntelang in die Klimakrise getrieben hat. Um einen effektiven und besonders schnellen Klimaschutz zu ermöglichen, brauchen wir keinen Emissionshandel. Wir müssen Industrien verpflichten, auf nachhaltige Verfahren zu setzen und so schnell wie möglich sozio-ökologische Transformationen anzustoßen. 
    Eine Renaissance der Idee der Carbon Credits bedeutet auch eine Renaissance des fossilen Zeitalters.

    Überwachung via App

    Die ägyptische Regierung hat für die diesjährige Weltklimakonferenz eine App entwickeln lassen, welche Teilnehmende der Konferenz unterstützen soll. Sie bietet Informationen zu Transport auf dem Konferenzgelände, interaktive Karten und Veranstaltungskalender.
    Berichten des Guardian zufolge kann diese App vom ägyptischen Regime jedoch dazu genutzt werden, die Konferenzteilnehmende zu überwachen, da sie unter anderem Zugriff auf persönliche E-Mails und Telefonate fordert.
    Die Ägyptische Regierung hat mit der App eine weitere Möglichkeit geschaffen, Aktivist:innen zu kontrollieren und einzuschränken. Durch die weitgehende und mögliche Überwachung, sowie strenge Auflagen erschwert das Regime, Aktionen im Umfeld der COP zu planen und umzusetzen. Die App gefährdet die Sicherheit der Aktivist:innen, da ihnen wenige sichere Kommunikationswege bleiben.

    Rede von Ursula von der Leyen

    Die EU-Komissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat heute auf der COP27 gesprochen und die EU Klimaanstrengungen als beispielhaft bezeichnet. Dabei bezog sie sich hauptäschlich auf die Zahlungen der EU an den globalen Süden über 23 Mrd. €.
    Verglichen mit beispielsweise den finanziellen Mitteln die Deutschland bei der Flut im Ahrtal bereitgestellt hat (eine Summe von 8,2 Mrd. €) ist das ein Witz.
    Außerdem hält sie an der 1,5° Grenze fest. Um diese einzuhalten müssen allerdings in der EU in den nächsten Jahren radikale Maßnahmen vorgenommen werden. Zum Beispiel ein viel schnellerer Ausbau der erneuerbaren Energien und eine klare Distanzierung zur fossilen Wirtschaftslobby.

    Fazit

    Auch heute beobachten wir starke Einschränkungen durch das ägyptische Regime im Bezug auf aktivistische Aktionen. Dennoch ist es der Klimagerechtigkeitsbewegung gelungen, solidarische Aktionen zu planen und durchzuführen!
    Die Lage Alaas bleibt weiterhin besorgniserregend.
    Für morgen stehen die Themen Finanzen sowie Loss und Damage auf der Agendabeides ist auch heute schon angeklungen.
    Deutschland als Industrienation muss sich der eigenen Verantwortung bewusst werden, und Ländern des Globalen Südens finanzielle Unterstützung zusichern.
    Danke für die inhaltliche Unterstützung unserer Arbeit an Germanwatch und BUND Jugend!
     

    Um diese Arbeit auch in Zukunft noch leisten zu können, sind wir auf deine Hilfe angewiesen.

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    Agenda & Don’t Gas Africa | COP Daily – Tag 1

    Der erste Tag der siebenundzwanzigsten Weltklimakonferenz ist rum – der ist wichtig, denn er gibt den Ton für den weiteren Verlauf an. 
    Hier ist in Kurzfassung alles, was du wissen musst:

    Inhalt

      Play Video about Foto mit einem Raum voller gelangweilter Politiker*innen

      Was waren die Erwartungen?

      Im Vorfeld des ersten Verhandlungstages war vor allem die große Frage, was auf die Agenda der COP27 kommt. Das ist taktgebend dafür, was im Rahmen der Konferenz verhandelt wird und welche Themen angesprochen werden. 
      Außerdem werden am ersten Tag Eröffnungsreden gehalten – auch hier kann man raushören, was den Regierungschef:innen wichtig ist, und was nicht. Das ist manchmal mehr zwischen den Zeilen verpackt, wird aber auch sehr direkt angesprochen. 
      Heute waren vor allem die Eröffnungsreden vom COP-Präsidenten Samen Shoukry und dem UNFCCC-Generalsekretär Simon Stiell relevant – sie betonten die Kluft zwischen Zielsetzungen und tatsächlichen Maßnahmen; ein Thema, das auf den COPs omnipräsent ist. Auch Olaf Scholz hat eine Rede gehalten.

      Starke Aussagen & Zitate

      UNFCCC-Generalsekretär Stiell rief die Staaten in seiner Eröffnungsrede zu mehr Mut und Ambition auf:

      "Freunde, heute beginnt eine neue Ära, und wir fangen an, die Dinge anders zu machen. Paris hat uns das Abkommen gegeben, Kattowitz und Glasgow haben uns den Plan gegeben. Sharm el-Sheik bringt uns zur Umsetzung. Niemand kann auf dieser Reise nur ein Passagier sein. Dies ist ein Signal, dass sich die Zeiten geändert haben." - Simon Stiell

      "Das Herzstück der Umsetzung ist, dass jeder, überall, jeden Tag alles tut, was wir können, um die Klimakrise zu bewältigen." - Simon Stiell

      UN-Generalsekretär António Guterres fand düstere, aber deutliche und leider realistische Worte für die Lage der Weltpolitik: 

      "Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle – mit dem Fuß auf dem Gaspedal.“ - António Guterres

      "Wir kämpfen den Kampf unseres Lebens – und sind dabei zu verlieren." - António Guterres

      Highlights

      Loss & Damages

      Eine ganz wesentliche Errungenschaft der Staaten des globalen Südens in den Vorverhandlungen war es, dass das Thema “Loss & Damages“, also Verluste & Schäden auf die Agenda gesetzt wurde. Dabei geht es darum, dass die Staaten des globalen Nordens – die überproportional viele Treibhausgase emmitieren und vergleichsweise wenig Schäden erleiden, den Ländern des globalen Südens Ausgleichszahlungen zukommen zu lassen; denn diese Ländern emmitieren vergleichweise am wenigsten und sind am härtesten von der Klimakrise betroffen. 
      Das Thema Loss & Damages ist in der Klimagerechtigkeitsbewegung ein zentrales Thema und große Forderung von unter anderem Fridays for Future. Dass darüber jetzt (vorgezogen und dezidierter als geplant) auf der COP gesprochen wird, ist ein Erfolg. 

      Die deutschen Zusagen

      Scholz hat bei der Konferenz drei relativ wesentliche neue finanzielle Zusagen getätigt:
       
      1. Verdoppelung der bisherigen Mittel zum internationalen Schutz von Regenwäldern von einer auf zwei Milliarden Euro. Die Mittel sollen insbesondere für den Schutz des Regenwaldes im zentralafrikanischen Kongobecken oder im südafrikanischen Amazonasgebiet verwendet werden. 
      Das ist nicht die Maßnahme, die die Weltgemeinschaft auf einmal wieder auf einen 1,5°C-Kurs bringt – aber ein Schritt in die richtige Richtung und nice to have.
       
      2. Gründung eines finanziellen Schutzschirmes für Klimarisiken. Dieser Schutzschirm wird vermutlich erst in der zweiten COP-Woche in Gänze angekündigt, fest steht allerdings, dass Deutschland dazu 170 Millionen Euro als “Anschubfinanzierung” beisteuert. Das ist bei weitem nicht genug und für echte Loss & Damage Zahlungen müssen deutlich höhere Finanzierungen bereitgestellt werden, aber es ist der erste dezidierte Topf für Loss & Damage Zahlungen – und eröffnet einen Diskursraum für weitere Initiativen in diese Richtung.
       
      3. Ein erweitertes Budget bis 2025 – ein Ausbau der internationalen Klimafinanzierung auf 6 Milliarden Euro. Das legt eine finanzielle Grundlage für weitere Klimaschutzmaßnahmen, inbesondere solche der Klimafinanzierung. 
      Auf der COP27 warnte unser Bundeskanzler auch vor einer “Renaissance der fossilen Energien” und betonte, dass es sie in Deutschland auch nicht geben wird. Außerdem betonte er, dass er zu dem bisherigen Ziel von der Klimaneutralität 2045 fest steht. 
      Das klingt ironisch aus dem Mund eines Kanzlers, der in seinem Land gerade reihenweise fossile Lock-Ins veranstaltet – es ist aber ein wichtiges Zeichen an die Ländergemeinschaft und könnte dafür sorgen, dass fossile Lock-Ins kritischer diskutiert werden. 

      Lowlights

      So schön der Loss & Damages Punkt auf der Agenda ist, so traurig ist es, dass es der Artikel 2.1c des Pariser Klimaabkommens nicht auf die Liste geschafft hat. Dazu sagt Michael Spiekermann, österreichischer COP-Deligierter Folgendes:

      "Ganz vorne im Pariser Abkommen, nur wenige Zeilen unter dem 1,5-Grad-Ziel, befindet sich der recht unbekannte Artikel 2.1c. Artikel 2.1c ist mächtig. Er verpflichtet Staaten, Finanzströme klimafreundlich zu machen. Dafür müssen sie fossile Subventionen abschaffen und Banken zu mehr Klimaschutz verpflichten. Das Problem: Artikel 2.1c wird auf der COP27 nicht verhandelt werden - denn Staaten des globalen Südens (G77 + China) haben verhindert, dass er auf die Agenda kommt. Doch Klimaschutz darf nicht gegen Klimawandelanpassung und Loss & Damage ausgespielt werden. Die Menschheit braucht nie dagewesene Fortschritte in allen Bereichen! Auch und insbesondere im Finanzsektor."

      Ihr seht also: Dass der Artikel 2.1c nicht in den Verhandlungen der COP mit aufgenommen wurde, ist ein schlechtes Omen für die ökologische Transformation im Finanzsektor. Loss & Damage Finanzierung und der Artikel 2.1c schließen sich nicht aus, viel mehr müssen sie koexistieren.

      Die Lage in Afrika

      Der Ausschuss der Afrikanischen Union hat in einem Entwurf den Standpunkt Afrikas zum Zugang von Energien innerhalb des Kontinents vorgeschlagen. Der Entwurf bringt aber diverse kritische Dinge mit sich.
      Der Fokus liegt hier vor allem auf der Fortsetzung der Verwendung von fossilen Energieträgern – unterstützt von europäischen Entscheidungsträger:innen die hoffen, damit die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs und der damit einhergehenden Energiekrise abzufedern. 
      Brennstoffindustrien innerhalb und außerhalb Afrikas erklären ausdrücklich, dass Gas, Öl und Kohle eine entscheidende Rolle im Energiemix des Kontinents spielen. Long story short sagen sie damit: „Wir brauchen fossile Energien um dem Kontinent voran zu bringen.” 
      Erneuerbare Energien spielen hier eine klar untergeordnete Rolle, während fossile Industrien – eine Technologie mit Ablaufdatum – priorisiert werden. Wenn dieser Vorschlag angenommen wird, hat das fatale Folgen für das Klima und spezifisch den afrikanischen Kontinent.
      Im klaren Kontrast dazu stehen afrikanische Klimaaktivist:innen; sie fordern eine Transformation des Energiesektors und einen sozialen wie wirtschaftlichen Wandel. Das beinhaltet ganz klar den Ausbau der Erneuerbaren und ein Ende der Subventionen in fossilen Konzerne innerhalb des Kontinentes, sowie keine Förderung von Projekten ausländischer Konzerne wie die Eacop (eine Ölpipeline, die durch Afrika gebaut werden soll) .
      Über 600 Millionen Afrikaner*innen haben keinen Zugang zu den dezentralen, sauberen, günstigen und sozial verträglichen Erneuerbaren Energien, die sie verdient hätten.

      "Das Angebot an Europa, Afrika als Tankstelle zu nutzen, ist ein ausgeklügelter Vorwand, der von einer gefährlichen kapitalistischen Utopie genährt wird, mit der die weitere Nutzung fossiler Brennstoffe in Afrika gerechtfertigt werden soll. Die Produktion von fossilem Gas trägt in keiner Weise dazu bei, die Klimaproblematik auf dem Kontinent zu lösen, und wird, wenn sie angenommen wird, Afrika daran hindern, den Sprung in eine Zukunft mit erneuerbaren und sauberen Energien zu schaffen."

      Die Verhandlungen um die Energien innerhalb Afrikas setzten die nächsten Tage fort. Es bleibt die Hoffnung auf Verbesserung, aber der Frust in Anbetracht der geplanten fossilen Lock-Ins überwiegt maßgeblich. 

      Fazit

      Der erste Tag der COP27 reiht sich ein in das Business as Usual der Weltklimakonferenzen – einige ewiggestrige Staaten blockieren den Klimaschutz, während andere treibende Kraft sind. Es werden Versprechungen gemacht und Reden geschwungen, die im Zweifel sogar nett gemeint sind, deren realer Wert für das Klima sich aber erst an der Umsetzung misst. 
      Unsere Erfahrung lehrt uns: Das ist die Sollbruchstelle. Wenn die Staats- und Regierungschef:innen allerdings ambitioniert genug sind, dann können sie diesen Rhythmus durchbrechen und endlich ernstgemeinten, konkreten, verbindlichen und ausreichenden Wandel anstoßen.
      Danke für die inhaltliche Unterstützung unserer Arbeit an Germanwatch und BUND Jugend!
       

      Die (Un-) Gerechtigkeitsfrage der COP 27

      Am Montag beginnt in Ägypten, in Scharm el-Scheich, die 27. UN-Klimakonferenz. Schon im letzten Artikel sind wir kurz darauf eingegangen, warum dieser Standort, anders als von allen Teilnehmerstaaten bisher glorifiziert, äußerst kritisch gesehen werden muss. Heute wollen wir vor allem auf die Lage der Menschenrechte in Ägypten eingehen und darauf, warum Deutschland als Industrienation und Anna-Lena Baerbock als Außenministerin besondere Verantwortung tragen.

      Lage der Menschenrechte in Ägypten

      Angeführt von General Abdel Fattah el-Sisi, der 2013 durch einen Militärputsch an die Macht kam und sich seitdem durch Scheinwahlen an der Macht hält, ist das ägyptische Regime laut Menschenrechtsorganisationen eines der brutalsten und repressivsten der Welt. Aktivist*innen und Oppositionspolitiker*innen werden in rechtswidrigen Verhören unter Druck gesetzt, zu Unrecht strafrechtlich verfolgt und auf so genannte “Terroristenlisten” gesetzt.  Wer auf dieser Liste willkürlicherweise landet, dem*der wird faktisch jede zivilgesellschaftliche oder politische Betätigung sowie Auslandsreisen für fünf Jahre untersagt.  Menschen, die sich in unrechtmäßiger Haft befinden, sehen sich grausamen Haftbedingungen ausgesetzt. Die für Staatssicherheit zuständige Sonderabteilung der Staatsanwaltschaft (Supreme State Security Prosecution – SSSP) umgeht Entscheidungen von Gerichten und Staatsanwaltschaften, die nach übermäßig langer Untersuchungshaft Freilassungen angeordnet hatten, indem sie neue Haftbefehle für ähnliche Anklagen auf Grundlage geheimer NSA-Ermittlungen ausstellt. Diese als “Rotation” bezeichnete Praxis betraf auch Häftlinge, die viel länger Zeit in Untersuchungshaft verbracht hatten als die zwei Jahre, die nach ägyptischem Recht maximal zulässig sind. Neben der Taktik des Verschwindenlassens ist auch brutale Folter regelmäßig an der Tagesordnung. 

      Dramatisch steht es auch um die Presse- und Meinungsfreiheit. Behörden unterdrücken weiterhin das Recht auf die eigene und freie Meinung und gehen massiv gegen kritische Stimmen vor, die sich im Internet oder anderweitig öffentlich äußern. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen blockieren Behörden weiterhin mindestens 600 Websites, die Nachrichten oder Informationen zu Menschenrechten und anderen Themen enthalten. 

      Wissenschaftliche Arbeiten und Paper können erst mit dem OK der ägyptischen Regierung veröffentlicht werden. Es ist also nicht nur die Meinungs- sondern auch die Pressefreiheit eingeschränkt, was zu einer Informations-Unsicherheit führt. Man kann sich nicht sicher sein, was man dem ägyptischen Regime glauben kann und was nicht. Das ist auch schwierig für die internationale Gemeinschaft, besonders hart trifft es allerdings diejenigen, die sich vor Ort bspw. für Klimagerechtigkeit einsetzen – denn sie können ihre Inhalte nicht äußern, werden verhaftet und gefoltert. 

      Seitdem Präsident al-Sisi 2014 an die Macht gekommen ist, findet eine ständige, gewaltvolle Verfolgung junger Aktivist*innen, zivilgesellschaftlicher Organisationen und unabhängiger Journalist*innen statt. Das Recht auf Versammlung ist quasi nicht vorhanden, die Zivilgesellschaft wird systematisch aus Sharm El-Sheikh ausgeschlosse und während der gesamten COP wird es lediglich eine sehr eingeschränkte Zone geben, in der zivile Mobilisation potentiell möglich ist.

      Opfer dieses repressiven Systems ist der Aktivist Alaa Abdel Fattah geworden, der inzwischen Symbol für den Widerstand gegen das ägyptische Regime geworden ist. Alaa Abdel Fattah befindet sich seit mehreren Monaten im Hungerstreik, um gegen seine Inhaftierung, die grausamen Haftbedingungen und die Verweigerung konsularischen Beistands zu protestieren. Der lange Hungerstreik ist zunehmend lebensbedrohlich, trotzdem weigert sich die ägyptische Regierung, auf die Forderungen von Alaa und seinen Unterstützer:innen einzugehen. In den letzten Tagen hat sich die Sitution verschärft, weil Alaa vor der Konferenz nicht mehr die letzten Kilokalorien zu sich nimmt, die ihn letzten Wochen am Leben gehalten haben und ab Sonntag, den Beginn der Klimakonferenz, will er auch keine Flüssigkeit mehr zu sich nehmen.

      Deutschlands Verantwortung

      Momentan unterstützt Deutschland dieses autokratische System. Es wird enge wirtschaftliche Zusammenarbeit gepflegt; Ägypten ist mit 1,6 Milliarden Darlehen und Zuschüssen eines der größten Partnerländer der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Hinzu kommt, dass Ägypten über die letzten drei Jahre hinweg das Land war, an das Deutschland die meisten Waffen exportierte. Allein 2021 exportierte Deutschland Waffen im Wert von mehr als vier Milliarden Euro an Ägypten – trotz Menschenrechtsverletzungen und lokaler Konflikte. Das ist schlimm und widerspricht allen Regeln der “wertegeleiteten Außenpolitik”, die Anna-Lena Barbock umzusetzen versprach. Es ist allerdings auch eine Position, die sich nutzen lässt. Deutschland – und insbesondere Anna-Lena Baerbock als Außenministerin- hat die Möglichkeit und die politischen Druckmittel, sich für die Befreiung aller politischer Gefangenen einzusetzen. Diese Möglichkeit muss soweit genutzt werden, dass eine Aufhebung der Beschränkungen im zivilgesellschaftlichen Raum umgesetzt wird! Wer mit dem Anspruch auf wertegeleitete Außenpolitik in einen Wahlkampf geht, der muss ihn dann auch umsetzen, muss ein Augenmerk auf Menschenrechte und die Charta der Vereinten Nationen haben – auch und gerade dann, wenn es unbequem ist und einen langen Atem erfordert.

      Deutschlands wirtschaftliche Stärke und internationaler Einfluss muss dekolonialisiert werden – kann aber auch als demokratisierendes Element agieren. Der Grundsatz der internationalen Wirtschaftspolitik muss es sein, dass nur mit Staaten Handel getrieben wird, die sich konform zu den universellen Menschenrechten verhalten und die die Grundsätze einer Demokratie erfüllen.

      Das hält Deutschland momentan nicht ein. Aber das muss nicht sein – und Deutschland kann das ändern.

      Unsere Forderung

      Die Verbesserung der Menschenrechtssituation in Ägypten muss zu einer Grundlage der Konferenz gemacht werden. Dabei reicht es nicht, die verheerende Situation lediglich zu thematisieren und in die öffentliche Aufmerksamkeit zu rücken. Stattdessen muss sich die deutsche Außenpolitik für eine Stärkung der ägyptischen Zivilgesellschaft einsetzen. Das bedeutet konkret, eine Freilassung aller politischer Gefangenen zu fordern und demokratische Schritte hin zu einer Meinungsfreiheit einzuleiten.

      Auf der COP muss anerkannt werden, dass Klimaschutz nicht ohne soziale Gerechtigkeit gedacht werden kann. Menschenrechte und Klimaschutz sind untrennbar verbunden. 

      Deutschland muss die internationale Verantwortung und diesen globalen Verhandlungsraum nutzen.

      COP Kontext

      Inhaltsverzeichnis:

      1. Was ist die COP eigentlich? Warum ist sie so wichtig?
      2. Wie ist die COP aufgebaut? 
      3. Vor welchen Herausforderungen steht die COP?
      4. Worum geht es dieses Jahr? Was kann man erwarten? 

      Am siebten November beginnt wieder die COP, die 27. Weltklimakonferenz. Hier – auf der Website von FFF Berlin – aber auch auf Twitter und Instagram wollen wir euch inhaltlich mitnehmen, Ergebnisse zusammenfassen, einschätzen und Perspektiven bieten. Dafür sind wir im Kontakt mit verschiedenen zivilgesellschaftlichen Bündnissen und COP-Delegationen. Markiert Euch den Zeitraum vom 07. zum 17. November also schon mal in Euren Kalendern!

      Vorher wollen wir euch aber erstmal einen kurzen Überblick darüber geben, was die COP eigentlich ist, warum sie so wichtig ist, vor welchen Herausforderungen sie dieses mal steht und was unsere wichtigsten Forderungen sind. Das ist ein bisschen was zu lesen, aber dafür habt ihr ja auch eine Woche Zeit! 😉 Viel Spaß! 

      Was ist die COP eigentlich? Warum ist sie so wichtig? 

      Die COP (Conference of Parties) ist der Weltklimagipfel, in dem die 193 UN-Länder zusammenkommen um über die Klimakrise und Wege, sie abzuwenden, zu sprechen. In Kreisen der internationalen Klimapolitik ist die COP das Event des Jahres und Taktgeber für weitere klimapolitische Entwicklungen. Sie ist also wahnsinnig wichtig – und wahnsinnig komplex. Es fliegen mehr Abkürzungen durch den Raum, als man in seinem gesamten Leben verwendet hat. Deswegen wollen wir euch mit diesem Text und den folgenden Updates ein bisschen Klarheit und Verständnis bieten. 

      Eine der wesentlichsten Entscheidungen, die bei den COPs getroffen wurde, war das Pariser Klimaabkommen 2015, mit dem sich alle Unterzeichnerstaaten verpflichtet haben, das 1,5°C Ziel anzuerkennen und für die Einhaltung dessen zu arbeiten. Aktuell haben 169 Staaten – einschließlich Deutschland – das Abkommen unterzeichnet. Das Pariser Klimaabkommen ist seitdem der kleinste gemeinsame Nenner jedes Klimaaktivismus und ein Faktum, auf das sich jede:r in allen Diskussionen berufen kann. Ihr seht also – die COPs sind echt wichtig. Deswegen ist es auch so essenziell notwendig, dass jeder einzelne Teilnehmerstaat ernst genommen wird; denn nur international und gemeinsam können wir die Klimakrise richtig angehen.

      Die Konferenz findet dieses Jahr zum 27. Mal statt und wird deswegen COP 27 genannt. Der Ort, an dem all diese wichtigen Entscheidungen getroffen werden, ändert sich von Konferenz zu Konferenz und daher scheint es erstmal willkürlich, dass dieses Mal Ägypten und explizit die Stadt Scharm el-Scheich gewähltwurde. Dazu aber später mehr.

      Wie ist die COP aufgebaut? 

      Die COP arbeitet auf Grundlage der Ergebnisse des Weltklimarates, des so genannten IPCC (intergovernmental Panel in Climate Change). Der wertet jedes Jahr zahlreiche Erkenntnisse zur Klimakrise aus und sortiert die Beobachtungen. Damit gibt er die faktische Grundlage für die Diskussionen um die Klimakrise. 

      Die andere Grundlage bietet das UN-Klimasekretariat, welches für die Organisation und die Tagesordnungen zuständig ist. Außerdem sammelt es Daten zu der Klimabilanz der einzelnen Teilnehmerstaaten. 

      Wenn es dann losgeht, ist es erst einmal sehr technisch. In der ersten Sitzungswoche bereiten die Fachbeamt:innen der verschiedenen Länder in zwei Unterorganen (“subsidiary bodies”) der COP die möglichen Entscheidungen der Länder vor. Die zwei Unterorgane sind

      1. Das SPI (Science Policy Interface), das wissenschaftliche Erkenntnisse in Vorschläge umwandeln soll, die für politische Entscheidungsträger:innen relevant sind und 
      1. Der SBSTA (Subsidiary Body for Scientific and Technological Advice), der Informationen und Rat zu verschiedenen wissenschaftlichen und technologischen Themen liefern soll. 

      Nach der ersten Sitzungswoche, wenn SPI und SBSTA haben ihre Arbeit abgeschlossen haben, gibt es eine Art “Zwischenbilanz”. Dort stellen beide Unterorgane ihre Ergebnisse in einer komprimierten Fassung im Plenum vor.

      Jetzt beginnt die eigentlich politische Phase. Staatschef:innen, Minister:innen und mit ihnen die meisten Medien treffen ein. Die wichtigsten Staatengruppen und Staaten – in der Regel die USA, EU, China, Indien, Brasilien, Südafrika, Indonesien und Saudi-Arabien – geben im Plenum ihre Erklärungen ab, während in Hinterzimmern Deals ausgehandelt werden. Hierfür haben SPI und SBSTA die wichtigsten Probleme auf einige wenige Kernfragen reduziert. 

      Ab Donnerstag der zweiten Woche ist dann “crunch time” – die vielen verschiedenen Formulierungen und Möglichkeiten müssen in einen Abschlusstext zusammengeführt werden; die Verhandlungen gehen in die heiße Phase. Die wesentlichen Durchbrüche der COPs passieren tendenziell in den letzten 2 Tagen, weil irgendjemand dann doch nochmal einen Kompromiss eingeht, eine Partnerschaft schließt oder Geld locker macht, wo es vorher für unmöglich erklärt wurde. 

      Und dann ist die COP auch schon vorbei, die Delegationen gehen mit den (hoffentlich) neuen Anforderungen und Verpflichtungen wieder zurück in ihre Länder. 

      Vor welchen Herausforderungen steht die diesjährige COP?

      Allgemeine Kritik am Klimagipfel wird vor allem wegen des immensen Aufwands getätigt, der oft in keinem Verhältnis zu den vergleichsweise geringen Ergebnissen steht. Das liegt auch daran, dass alle Beschlüsse einstimmig gefällt werden müssen, also für einen Beschluss alle Unterzeichnerstaaten der Klimarahmenkonvention zustimmen müssen. So kam es in der Vergangenheit, zum Beispiel 2009 in Kopenhagen, dazu, dass keine verbindlichen Beschlüsse getroffen werden konnten. Gleichzeitig ist die COP die einzige Institution, in der richtige internationale Handlungsanweisungen gegen die Klimakrise beschlossen werden können. Bei aller Kritik bleibt also die Aussage bestehen: Die COP ist wichtig und sollte im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen, wenn es um internationale Klimapolitik geht. 

      Die diesjährige UN-Klimakonferenz findet vor dem Hintergrund sich verschärfender globaler Krisen statt. Die russische Invasion in der Ukraine hat zu einem sprunghaften Anstieg der Energie-, Rohstoff- und Lebensmittelpreise geführt. Außerdem behindern die damit verbundenen geopolitischen Spannungen zwischen wichtigen Ländern die multilateralen Ambitionen und die Zusammenarbeit. 2022 war erneut ein Jahr mit katastrophalen extremen Wetterereignissen, wie den Überschwemmungen in Pakistan, Überschwemmungen und Stürmen im Süden Afrikas und historischen Dürren am Horn von Afrika, in China und Europa. Der neue Sachstandsbericht des zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC), der in diesem Jahr veröffentlicht wurde, unterstreicht einmal mehr, dass solche Auswirkungen mit zunehmender globaler Erwärmung weiter eskalieren werden. Die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs werden auch die Weltklimakonferenz dominieren.

      Eine Dynamik, die sich gerade breit macht, ist die der Priorisierung von Krisen. Vielen Mitgliedsstaaten – einschließlich Deutschland – scheint die Energiekrise wichtiger zu sein als die Klimakrise. Auf der Suche nach Wegen in die Versorgungssicherheit rennen die Regierungen dieser Welt wieder zurück in die offenen Arme der fossilen Lobby und machen so den ökologischen Fortschritt rückgängig, der über Jahrzehnte durch politische Schweiß- und Handarbeit erkämpft wurde. Durch neue Öl- & Gasfelder und langfristige Verträge mit fossilen Exportstaaten drohen sogenannte “fossile Lock-Ins”, also, dass sich Länder wieder langfristig auf Kohle, Öl und Gas festsetzen, ohne erneuerbare Energien richtig zu fördern. 

      Es sollte allen teilnehmenden Entscheidungsträger:innen der COP bewusst sein, dass die Klimakrise keine Rücksicht auf die geopolitische Lage nimmt – im Gegenteil; sie verschärft sie. Es ist im Interesse aller, jetzt eine ökologische Transformation anzustoßen und Brückentechnologien wie LNG-Gas so kurz wie möglich einzusetzen. Denn – und das ist so ziemlich der einzige Punkt, in dem wir Christian Lindner zustimmen – erneuerbare Energien sind Freiheitsenergien.  

      Was bisher von keinem der Teilnehmerstaaten offiziell als Problem anerkannt wurde, aber eine große Rolle in der Debatte um die COP spielt, ist die Menschenrechtslage in Ägypten. Bisher wurde der Standort als besonders geeignet gelobt und vor allem deshalb besonders betont, da er als Schauplatz für die Energiewende aufgrund des hohen Sonnen- und Windaufkommens diene. Völlig außer Acht gelassen wurde dabei die verheerende Lage um die Menschenrechte. Angeführt von General Abdel Fattah el-Sisi, der 2013 durch einen Militärputsch an die Macht kam und sich seitdem durch Scheinwahlen an der Macht hält, ist das ägyptische Regime laut Menschenrechtsorganisationen eines der brutalsten und repressivsten der Welt. Das bedeutet auch, dass Dinge wie die Versammlungs- und Pressefreiheit längst zu kühnen Träumen geworden sind. Regimekritiker:innen werden gefangen genommen, gefoltert und getötet – schätzungsweise 60.000 Menschen leiden unter Repressalien. Dazu kommt, dass Wissenschaftler:innen ihre Forschungsergebnisse nur dann veröffentlichen dürfen, wenn die ägyptische Regierung ihr OK gibt. 

      Es ist schade, dass man aus der internationalen politischen Landschaft wenig zu diesem Thema hört. Umso wichtiger ist es, dass wir in Gesprächen über die COP immer auch die katastrophalen Zustände im Gastgeberland mitdenken. 

      Worum geht es dieses Jahr? Was kann man erwarten? 

      Im Zentrum der Verhandlungen soll die praktische Umsetzung des Kohle-, Gas- und Ölausstiegs stehen, der im Klimapakt von Glasgow bei der letzten Klimakonferenz 2021 beschlossen wurde. Der beschlossene Klimapakt enthält neben dem Aufruf zum Kohleausstieg auch die Forderung, “ineffiziente” Subventionen für Öl, Gas und Kohle zu streichen. Die Länder bekannten sich in der Abschlusserklärung gemeinsam zu dem Ziel, die Erderwärmung bei 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu stoppen. 

      Außerdem stehen Forderungen der Loss & Damage Finanzierung im Raum, die Länder des globalen Südens mit Nachdruck auf die politische Tagesordnung setzen. Dabei geht es darum, dass Industrieländer des globalen Nordens für die entstandenen Kosten durch Anpassung an Klimakatastrophen im globalen Süden aufkommen und damit ihrer historischen Verantwortung gerecht werden. 

      Wir als Klimagerechtigkeitsbewegung Fridays for Future stellen drei Hauptforderungen an die diesjährige Klimakonferenz, deren Umsetzung wir für essenziell notwendig halten: 

      1. Die Teilnehmerstaaten müssen endlich konkrete, verbindliche Ziele aushandeln, wie die internationale Ländergemeinschaft das 1,5°C Ziel des Pariser Klimaabkommens erreichen kann. Dazu gehören:
        1. Ein möglichst schneller Ausstieg aus allen fossilen Energien und 
        2. möglichst schnelle sozial-ökologische Transformationen in Energie, Verkehr und Industrie.
        3. Ein “Mitigation Work Program”, das Sektorziele definiert, Staaten enger in die Mangel nimmt und dafür sorgt, dass sie ihre NDCs (nationalen Klimaziele) wirklich erfüllen.
      2. Ausreichende und verbindliche Loss & Damage Finanzierungen: Besonders von der Klimakrise betroffene Staaten des Globalen Südens müssen von den Industriestaaten des Globalen Nordens bei der rückwirkenden Bewältigung von Klimakatastrophen (finanziell) unterstützt werden.
      3. Ausreichende und verbindliche Klimafinanzierung: Besonders betroffene Staaten des Globalen Südens müssen von den Industriestaaten des Globalen Nordens bei der präventiven Bewältigung der Klimakrise finanziell unterstützt werden. Dazu gehören Gelder für die sozial-ökologische Transformation und Gelder für den Schutz vor Klimakatastrophen und Extremwetterereignissen.
        1. Die 2009 beschlossene Klimafinanzierung ist nicht ausreichend. Die 100 Milliarden, für die sich die Staaten des globalen Nordens gemeinsam bereiterklärt haben, wären selbst dann nicht mehr aktuell, wenn die beschlossenen Gelder tatsächlich fließen würden. Die Klimakrise eskaliert und wir erleben eine dramatische globale Inflation. Es ist also deutlich, dass die Finanzierungsmöglichkeiten drastisch angehoben werden müssen.
        2. Die bisherige Klimafinanzierung war ein sinnvoller Schritt, scheitert allerdings an der Unverbindlichkeit. Es ist nicht konkret definiert, welcher Staat wie viel zahlen muss. Dadurch hat sich ein deutliches Defizit ergeben; die Ziele der Klimafinanzierungen werden konsequent nicht erfüllt. Was wir erwarten ist mindestens, dass die bisherigen Versprechen eingehalten werden. Wir fordern aber auch, dass ambitioniertere Klimafinanzierungen beschlossen werden, die ermöglichen, die Klimakrise als Staatengemeinschaft zusammen mit dem Globalen Süden zu bewältigen.