Joe Biden auf der COP27

Biden, Braunkohle, Blablabla | COP DAILY – Tag 5

Heute ist Tag 5 der Weltklimakonferenz in Ägypten. In den vergangenen Tagen ging es weniger um die politischen Verhandlungen, welche nächste Woche auf dem Plan stehen, sondern eher um Reden, Delegationen und Absprachen unter den Staaten.Täglich haben Aktivist*innen von FridaysForFuture und sämtlichen NGO’s Forderungen an die COP vor Ort gestellt. 
Unter anderem ist heute US-Präsident Joe Biden auf der Konferenz angekommen, um eine Rede zu halten – mehr dazu findet ihr unten im Text. 
Joe Biden auf der COP27

Inhalt

    Starke Aussagen & Zitate

    "Der einzige Unterschied zwischen Sharm El-Sheikh (COP 27) und Glasgow (COP 26) sind die Veranstaltungsorte. Ansonsten ist die Rhetorik immer noch dieselbe, und wir werden mit so vielen Versprechen und Verpflichtungen abreisen, und wenn wir nächstes Jahr zum nächsten Treffen in Dubai kommen, ist der Elefant immer noch im Raum." - Mangaliso Ndlovu, botswanischer Minister für Umwelt, Klimawandel, Tourismus und internationalen Handel

    "Die verschwenderischen Produzenten fossiler Brennstoffe haben auf Kosten der menschlichen Zivilisation erpresserische Gewinne erzielt. Während sie davon profitieren, verbrennt der Planet." - Gaston Browne, PremierminInter von Antigua und Barbuda, einem karibischen Instelstaat innerhalb des Commonwealth

    Highlights

    Demo für Klimareparationen

    Auch heute haben Klimaaktivist*innen aus allen Ländern der Welt gemeinsam den zivilgesellschaftlichen Druck auf die verhandelnden Entscheidungsträger*innen bei der COP27 aufrechterhalten. In einer Demonstration forderten sie Klimareparationen, Klimafinanzierung, die Entschuldung des globalen Südens und den konsequenten Einsatz der teilnehmenden Staaten für Menschenrechte. Dafür malten sie Banner und trugen Knebel, als Symbol für das immer schlimmer werdende Schrumpfen von offenem zivilen Raum.
    Es ist wichtig, dass es auf der COP27 immer wieder Demonstrationen gibt, die den Verhandler*innen die Relevanz von klimagerechten Maßnahmen und den Unmut der jungen Menschen klar machen. Dass das ägyptische Regime Proteste auf dem COP-Gelände massiv einschränkt, verhindert demokratische Partizipation und ist fatal.

    Was ist der FFNPT?

    Fossil Fuel Non-Proliferation Treaty heißt übersetzt so viel wie Nichtverbreitungsvertrag für fossile Energien und ist eine politsche Kampagne, die global das Ziel hat, einen Vertrag aufzusetzen, den Staaten, Verbände und Kommunen unterzeichnen können, um damit zu sichern, keine neue fossile Infrastruktur zu schaffen und so schnell wie möglich frei von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Gas und Öl zu werden. Die Kampagne wird von der WHO (Weltgesundheitsorganisation), der Vatikanstadt, dem EU-Parlament und
    70 Städten untersützt. Außerdem haben sich 1.700 NGOs den Forderungen angeschlossen. 
    Das wird konkret gefordert: 
    • keine neue fossile Infrastruktur
    • schneller Ausstieg aus fossilen Brennstoffen
    • Bau eines transformativen Plans, um schnell 100% Erneuerbare zu schaffen

    Grundlage aller Forderungen ist das Pariser Klimaabkommen – und die Forderung nach Einhaltung der 1,5 Grad Grenze. Vorbild ist ein Vertrag, den es Ende der 60er-Jahre gab. Damals verpflichteten sich die Staaten zu einem schnellen Abbau nuklearer Waffen.

    Bündnis für weniger Methan-Ausstoß

    Die USA, EU, Japan und weitere Staaten haben sich verpflichtet, ihren Treibhausgas-Ausstoß bei der Öl- sowie Gasförderung zu senken. Das Ziel soll sein, die Erderhitzung bis Mitte des Jahrhunderts um ein Zehntelgrad zu mildern. Dabei wird sich besonders auf das extrem klimaschädliche Gas Methan konzentriert. Die Umsetzung soll durch die Reduzierung von Lecks in den Förder- und Produktionsanlagen erfolgen.
    Ab heute ist eine öffentliche Datenbank zu Methanlecks auf der ganzen Welt zugänglich. Das System MARS (Methan Alarm und Reaktion System) basiert auf dem Versprechen von 119 Staaten, ihre Methanausstöße um 30% bis zum Ende dieses Jahrzehntes zu reduzieren.
    Außerdem soll kein Gas mehr abgefackelt werden. Das Abfackeln beschreibt das Verbrennen von Gas, wenn das Gas nicht auf dem Gasmarkt vertrieben werden kann und es keine Möglichkeit gibt, es wieder in die Erde einzuspeisen. Was erneut stark betont wurde, war der benötigte drastische Ausbau von Erneuerbaren.
    All das sind notwendige Schritte, die jedoch lange nicht aussreichen. Wir brauchen jetzt radikale Maßnahmen seitens des globalen Nordens und ein höheres Ziel als ein Zehntelgrad Reduktion!

    Lowlights

    Bankrott in den Zeiten der Klimakrise

    Mehr als 50 Länder des globalen Südens könnten in absehbarer Zeit bankrott gehen. So der Chef des UN Entwicklungsprogramms Achim Steiner. Inflation, Energiekrise, Klimakrise und steigende Zinsen sorgen für Zustände, in denen immer mehr Ländern Zahlungsunfähigkeit droht. Steiner sieht das als unausweichlich.
    Das ist ein riesiges Problem, denn mit dem Staatsbankrott gehen auch soziale, wirtschaftliche und politische Folgen einher, die den Kampf gegen die Klimakrise erheblich einschränken. “Die Schuldenfrage ist für viele Entwicklungsländer zu einem so großen Problem geworden, dass die Bewältigung der Schuldenkrise zu einer Vorbedingung für die Beschleunigung von Klimaschutzmaßnahmen wird”, so Achim Steiner.
    Aktuell bekommen Länder des globalen Südens nicht die Gelder, die ihnen voglobalen Norden versprochen wurden. Besonders betroffene Länder könnten deswegen die Klimagespräche mit der UN aufgeben, falls sie nicht von den Industrienationen unterstützt werden.
    Außerdem forderte Steiner ambitioniertere Loss & Damage Zahlungen: 
    “Es hat sich eingebürgert, dass im Falle einer Katastrophe die Allgemeinheit einspringt. Aber wenn eine Karibikinsel innerhalb von 12 Stunden durch einen Hurrikan ein Drittel ihres BIP verliert, gibt es niemanden, an den sie sich wenden können.”
    Steiner spricht eine wesentliche Frage der COP27 an: Wo fließen Die Billionen der reichen Industriestaaten des globalen Nordens hin? Gerade steht fest, dass viel zu wenig von ihnen in Klimagerechtigkeitsprojekte und Klimaanpassungen im globalen Süden investiert werden. Das muss nicht sein! Wir haben das Geld und die politischen Instrumente, um Finanzströme umzulenken. Was fehlt, ist der politische Wille.

    Der Kampf ums letzte Kohlestück

    Als Vicki Hollub, die Chefin des US-amerikanischen Erdöl- und Gaskonzerns Occidental Petroleum gefragt wird, ob sie ihre Verantwortung in der Klimakatastrophe anerkennt, antwortet sie mit:
    “Dein iPhone, deine Verantwortung.” Hollub sagt außerdem, wer das Ende der Öl- und Gasindustrie fordere, hätte “keine Ahnung, was das bedeutet”.
    Der wissenschaftliche Konsens darüber, dass das fossile Zeitalter längst vorbei sein müsste, wird von denjenigen, die sich in Schlüssel- und Machtpositionen befinden, schlicht ignoriert. Sie machen weiter Milliardenprofite mit der fossilen Ausbeutung, und wälzen jede Verantwortung auf Individuen ab.
    Wie absurd das ist, ist offensichtlich – das nehmen wir nicht weiter hin!
    Die fossile Industrie versucht, auf der COP27 nochmal ihren letzten Trumpf aufzufahren; sie sind mit einer der größten Delegationen vor Ort und geben sich alle Mühe, Gas und Öl als grüne Brückentechnologie zu eneuerbaren Energien zu etablieren. Mit dieser Uminterpretation der momentan stattfindenden fossilen Renaissance versuchen sie, eine Fortsetzung ihrer klimaschädlichen Industrien zu legitimieren. 

    Joe Biden: Frei gesprochen, sonst naja...

    Die Erwartungen an Bidens Rede waren hoch. Viele erhofften sich eine richtungsweisende Wirkung vom Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, dem Land mit den zweitgrößten Treibhausgasemissionen. Diese blieb jedoch aus. Biden bekannte sich klar zum 1,5 Grad Ziel, entschuldigte sich für den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen durch seinem Vorgänger Trump und bekannte sich dazu, die Treibhausgasemissionen seines Landes bis 2030 um 50-52% zu senken.
    Joe Biden sprach zwar von einer Verdopplung der Gelder, die für den globalen Süden zur “Anpassung” gedacht sind, erwähnte jedoch loss and damage in keinem Wort  ein tragisches Zeichen von der größten Volkswirtschaft der Welt. Zudem sprach er von einem Einsparplan für Methan, welcher die Methanemissionen in den USA bis zum Ende des Jahrzehnts um 30% reduzieren soll und setzte sich damit gegen heimische, fossile Lobbyist:innen durch.
    Patsy von Fridays for Future Deutschland kommentierte die Rede von Biden für uns: “Während die Lücke zwischen den notwendigen und den realen Emissionsminderungen immer größer wird ist entscheidend dass aus allem fossilen Energien ausgestiegen wird. Biden hat zwar viele gute Worte gefunden, gleichzeitig werden in den USA Gas und Ölbohrungen erweitert – das können wir uns nicht leisten!”. Zuletzt sollte beachtet werden, dass jegliche Anstrengungen der USA, egal wie klein diese sein mögen, drohen wertlos zu werden, wenn 2024 die Republikaner, welche eine starke Tendenz zum Leugnen der Klimakrise zeigen, die Präsidentschaftswahlen gewinnen sollten.

    Bürokratie verhindert klimagerechte Finanzierung

    Fragen der klimagerechten Finanzierung werden auf der COP27 verhandelt – allerdings leider ohne echte Substanz. Viel mehr werden hier die legalen Fragen beleuchtet, beispielsweise ob es unter dem Mantel den Konventionen oder dem Pariser Klimaabkommen laufen soll. Diese Punkte sind zwar auch relevant, schränken den Handlungsfortschritt jedoch massiv ein und lenken vom Wesentlichen ab. Die Industriestaaten des globalen Nordens dürfen jetzt nicht ihre Verantwortung durch bürokratische Detailfragen verwässern, sondern müssen endlich konkrete und verbindliche Loss & Damage Finanzierungen beschließen. 

    Fazit

    Die Aufmerksamkeit war heute auf der COP vor allem darauf gerichtet, was US-Präsident Biden zu sagen hat. Seine Rede lässt uns ernüchtert zurück: Wieder einmal finden loss and damage keinen Platz in der Agenda – ein Schlag ins Gesicht für die Länder des Globalen Südens, denen vielfach ein Bankrott droht und all diejenigen, die Klimaungerechtigekeit am härtesten trifft.
    Wie erwartet nutzt auch die fossile Industrie weiter die ihnen gegebene Bühne für Greenwashing und schiebt Verantwortung dreist von sich weg. Auch das Bündnis für weniger Methanausstoß ist mit einem Zehntelgrad Reduktion nicht genug, die Krise fordert weit radikalere Maßnahmen durch den Globalen Norden!
     
    Wieder einmal ein enttäuschendes Fazit – und das muss nicht sein: Es fehlt am politischen Willen.

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