Es ist Halbzeit bei der 29. UN-Klimakonferenz (COP) – in den letzten 5 Tagen ist viel passiert, hier kommt unsere Halbzeitbilanz:
1,3 Billionen USD jährlich, darum geht es Tag und Nacht. Uneinigkeit herrscht nach einer Woche Verhandlung noch immer darüber, wer das Geld bezahlen soll. Das Papier, mit allen Vorschlägen dazu, ist mittlerweile von 33 Seiten auf 25 gekürzt worden (yuhuu). Am Ende sollte es aber um die 10 Seiten lang sein. Deutschland hat bereits 6 Milliarden für den Geldtopf zugesagt. Aktuell fehlen dafür noch 2 Milliarden im Haushalt. Um glaubwürdig zu bleiben, muss da jetzt geliefert werden.
Unsere Flop 3 der Woche
- Der aserbaidschanische Präsident bezeichnet Kohle, Öl und Gas als “Geschenk Gottes”
Aserbaidschan ist dieses Jahr Gastgeber der COP. Und gleich zu Anfang hat der autoritäre Öl-Staat klargestellt, dass der Ausstieg aus fossilen Energien für ihn keine Prio hat: fossile Brennstoffe seien ein Geschenk Gottes und Länder mit fossilen Erdgasvorkommen sollten dafür nicht bestraft werden, so der Präsident Aserbaidschans Ilham Aliyev. Bei der letzten COP wurde der Ausstieg aus fossilen Energien beschlossen, doch ironischerweise scheint der Host der diesjährigen COP die Beschlüsse nicht ernst zu nehmen: Aserbaidschan plant seine Gasproduktion, um ein Drittel zu erhöhen. Die CO2-Emissionen werden dadurch wohl eher nicht heruntergehen.
- 1770 Lobbyist*innen auf der Weltklimakonferenz
Zwar sind es in Summe weniger fossile Delegierte als bei der letzten COP in Saudi-Arabien, trotzdem stellen die Lobbyisten der Anzahl nach die viertgrößte Delegation. Auch wenn sie nicht direkt mitentscheiden dürfen, nehmen sie indirekt auf die Beschlüsse Einfluss. Wie problematisch das ist, wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass es mehr fossile Lobbyist*innen auf der COP gibt als Delegierte der zehn von der Klimakrise am stärksten betroffenen Länder.
Dabei sollte es dieses Jahr vor allem um die Interessen dieser Länder gehen. Denn wie wir nicht müde werden zu betonen, steht diese COP unter der großen Frage der Finanzierung. Finanzierung für Klimaschutz, Anpassungsmaßnahmen und Unterstützung bei Schäden, die durch die Klimakrise entstanden sind.
- Diplomatisches Chaos
Generell laufen die Verhandlungen dieses Jahr sehr zäh. Erst gab es Streit um die Tagesordnung und viele Staatsoberhäupter sind gar nicht erst angereist.
Argentinien rief seine Delegation nach einem Telefonat mit Trump zurück. Berichten zur Folge überlegt der argentinische Präsident jetzt, gemeinsam mit der USA, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen. Die französische Umweltministerin sagt ihre Reise zur COP ab, weil sich Frankreich vom Präsident Aserbaidschans beleidigt fühlt. Also viel diplomatisches Gezanke abseits der wirklich wichtigen Themen.
Kurz und Knapp:
In der ersten Woche waren die Verhandlungen nicht gerade einfach und noch immer ist die Finanzierungsfrage nicht geklärt. Dabei ist eine Lösung ein Muss. Ohne ausreichende Finanzierung werden viele Länder ihre nationalen Klimaziele nicht erreichen können. Trump wird in Zukunft die USA regieren, also müssen sich andere Länder umso mehr anstrengen, um die 1,5-Grad-Grenze zu halten.
Warum es trotzdem Hoffnung gibt
Die erste Woche der COP überzeugt auf der Ergebnisseite nicht unbedingt. Aber trotz allem gibt es noch Hoffnung. Zunächst einmal sind sich alle einig über die Höhe des neuen Finanzierungsziels – demnach wird nicht mehr über das Was, sondern nur noch über das Wie gestritten (nicht, dass das eine einfache Frage wäre, aber immerhin!).
Außerdem zeigen sich viele Staaten bereit für Gespräche und sind gewillt, eine Einigung zu erzielen. Das zeigt u.a. das Statement der High Ambition Coalition (HAC), welches Anfang dieser Woche veröffentlicht wurde. Im Statement bekennen sich einige Industriestaaten zusammen mit vielen, von der Klimakrise besonders betroffenen Ländern, zu dem Finanzziel von 1,3 Billionen jährlich. An dieser Stelle auch ein Erfolg für Deutschland: Scholz bekennt sich offiziell zur HAC, yeahh! Nachdem Olaf Scholz in den letzten Jahren die Statements der HAC nicht unterzeichnet hatte, setzte er nach dem Rauswurf von Ex-Finanzminister Christian Lindner erstmals seine (virtuelle) Unterschrift unter das Dokument.
Klar, ein Finanzdokument, das bei 25 Seiten von 10 steht, ist nicht wirklich der Outcome, den wir uns nach einer Woche COP gewünscht hätten. Aber, dass sich in den letzten Tagen so wenig daran getan hat, ist nicht sonderlich verwunderlich. Anfang nächster Woche kommen die Minister*innen in Baku an (für Deutschland sind das die Umweltministerin Steffi Lembke, die Außenministerin Annalena Baerbock und der Wirtschaftsminister Robert der-Wahlkampf-hat-gestartet Habeck). Die Minister*innen überlassen idR. in der ersten Woche der COP ihren Delegierten die Vorverhandlungen. So kurz vor ihrem Eintreffen werden deshalb meist neue Vorschläge blockiert und weitere Entscheidungen hinausgezögert. Das klingt zwar nervig, am Ende braucht es aber für das finale Finanzierungsdokument sowieso den Segen der Minister*innen.
Es kommt also viel auf die nachreisenden Regierungsmitglieder*innen zu, aber wir dürften doch ein paar mehr Fortschritte in der kommenden Woche erwarten.
G20 Treffen in Brasilien
Ein weiterer potenzieller Lichtblick am Horizont der Klimadiplomatie ist das G20 Treffen, das am Montag und Dienstag in Brasilien stattfindet. Es wird erwartet, dass auch dort Klimafinanzierung ein Thema sein wird. Also bleibt zu hoffen, dass in der direkten Verhandlung mit dem chinesischen Regierungschef Xi Jinping mehr herumkommt, als bei den Verhandlungen der Delegierten auf der COP.
Es sieht nicht gut aus für das Klima. Die COP29 ist aber noch nicht vorbei und wir haben noch eine ganze Woche Verhandlungen und Debatten vor uns. Klar ist: In der kommenden Woche muss geliefert werden! Eine COP ohne neues Klimafinanzierungsziel können wir uns nicht leisten!
“At COP29 in Baku all governments must agree on a new goal for international climate finance that truly responds to the needs of developing countries. COP29 must be the stand-and-deliver COP, recognising that climate finance is core business to save the global economy and billions of lives and livelihoods from rampaging climate impacts.” – Simon Stiell, Exekutivsekretär der UNFCCC
Eine Woche COP Daily
Seit Sonntag berichten wir täglich über die COP und tragen für euch alle Highlights und Lowlights des jeweiligen Tages zusammen. Wir haben versucht, was es mit der HAC eigentlich auf sich hat und probieren euch so gut’s geht, das spannende Thema Klimafinanzierung näherzubringen.
Hier findet ihr noch einmal alle Artikel der letzten Woche in chronologischer Reihenfolge.
COP Daily – live aus Baku!
COP Daily – Was bisher geschar..
WO IST DER KLIMAKANZLER? | COP Daily Tag 1
Emissionshandel, Leader Summit und harte Verhandlungen | COP Daily Tag 2
HAC Statement und unzureichende Klimaziele | COP Daily Tag 3
1 BILLION FÜRS KLIMA | COP Daily Tag 4
Finanzstau, Lobbyismus und Forderungen nach anderen Gastgeberländern | COP Daily Tag 5
Falls ihr es noch nicht gemacht habt, schaut gerne auch auf unserem Instagram-Kanal vorbei. Morgen (Sonntag) ist Pausetag auf der COP und dementsprechend gibt es auch von uns keine Updates morgen. Deshalb melden wir uns erst Montag mit dem gewohnten Update. Bis dann!