UN "Familienfoto" vom Tag eins auf der COP27. Foto: UNFCCC / Kiara Worth

Agenda & Don’t Gas Africa | COP Daily – Tag 1

Der erste Tag der siebenundzwanzigsten Weltklimakonferenz ist rum – der ist wichtig, denn er gibt den Ton für den weiteren Verlauf an. 
Hier ist in Kurzfassung alles, was du wissen musst:

Inhalt

    Play Video about Foto mit einem Raum voller gelangweilter Politiker*innen

    Was waren die Erwartungen?

    Im Vorfeld des ersten Verhandlungstages war vor allem die große Frage, was auf die Agenda der COP27 kommt. Das ist taktgebend dafür, was im Rahmen der Konferenz verhandelt wird und welche Themen angesprochen werden. 
    Außerdem werden am ersten Tag Eröffnungsreden gehalten – auch hier kann man raushören, was den Regierungschef:innen wichtig ist, und was nicht. Das ist manchmal mehr zwischen den Zeilen verpackt, wird aber auch sehr direkt angesprochen. 
    Heute waren vor allem die Eröffnungsreden vom COP-Präsidenten Samen Shoukry und dem UNFCCC-Generalsekretär Simon Stiell relevant – sie betonten die Kluft zwischen Zielsetzungen und tatsächlichen Maßnahmen; ein Thema, das auf den COPs omnipräsent ist. Auch Olaf Scholz hat eine Rede gehalten.

    Starke Aussagen & Zitate

    UNFCCC-Generalsekretär Stiell rief die Staaten in seiner Eröffnungsrede zu mehr Mut und Ambition auf:

    "Freunde, heute beginnt eine neue Ära, und wir fangen an, die Dinge anders zu machen. Paris hat uns das Abkommen gegeben, Kattowitz und Glasgow haben uns den Plan gegeben. Sharm el-Sheik bringt uns zur Umsetzung. Niemand kann auf dieser Reise nur ein Passagier sein. Dies ist ein Signal, dass sich die Zeiten geändert haben." - Simon Stiell

    "Das Herzstück der Umsetzung ist, dass jeder, überall, jeden Tag alles tut, was wir können, um die Klimakrise zu bewältigen." - Simon Stiell

    UN-Generalsekretär António Guterres fand düstere, aber deutliche und leider realistische Worte für die Lage der Weltpolitik: 

    "Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle – mit dem Fuß auf dem Gaspedal.“ - António Guterres

    "Wir kämpfen den Kampf unseres Lebens – und sind dabei zu verlieren." - António Guterres

    Highlights

    Loss & Damages

    Eine ganz wesentliche Errungenschaft der Staaten des globalen Südens in den Vorverhandlungen war es, dass das Thema “Loss & Damages“, also Verluste & Schäden auf die Agenda gesetzt wurde. Dabei geht es darum, dass die Staaten des globalen Nordens – die überproportional viele Treibhausgase emmitieren und vergleichsweise wenig Schäden erleiden, den Ländern des globalen Südens Ausgleichszahlungen zukommen zu lassen; denn diese Ländern emmitieren vergleichweise am wenigsten und sind am härtesten von der Klimakrise betroffen. 
    Das Thema Loss & Damages ist in der Klimagerechtigkeitsbewegung ein zentrales Thema und große Forderung von unter anderem Fridays for Future. Dass darüber jetzt (vorgezogen und dezidierter als geplant) auf der COP gesprochen wird, ist ein Erfolg. 

    Die deutschen Zusagen

    Scholz hat bei der Konferenz drei relativ wesentliche neue finanzielle Zusagen getätigt:
     
    1. Verdoppelung der bisherigen Mittel zum internationalen Schutz von Regenwäldern von einer auf zwei Milliarden Euro. Die Mittel sollen insbesondere für den Schutz des Regenwaldes im zentralafrikanischen Kongobecken oder im südafrikanischen Amazonasgebiet verwendet werden. 
    Das ist nicht die Maßnahme, die die Weltgemeinschaft auf einmal wieder auf einen 1,5°C-Kurs bringt – aber ein Schritt in die richtige Richtung und nice to have.
     
    2. Gründung eines finanziellen Schutzschirmes für Klimarisiken. Dieser Schutzschirm wird vermutlich erst in der zweiten COP-Woche in Gänze angekündigt, fest steht allerdings, dass Deutschland dazu 170 Millionen Euro als “Anschubfinanzierung” beisteuert. Das ist bei weitem nicht genug und für echte Loss & Damage Zahlungen müssen deutlich höhere Finanzierungen bereitgestellt werden, aber es ist der erste dezidierte Topf für Loss & Damage Zahlungen – und eröffnet einen Diskursraum für weitere Initiativen in diese Richtung.
     
    3. Ein erweitertes Budget bis 2025 – ein Ausbau der internationalen Klimafinanzierung auf 6 Milliarden Euro. Das legt eine finanzielle Grundlage für weitere Klimaschutzmaßnahmen, inbesondere solche der Klimafinanzierung. 
    Auf der COP27 warnte unser Bundeskanzler auch vor einer “Renaissance der fossilen Energien” und betonte, dass es sie in Deutschland auch nicht geben wird. Außerdem betonte er, dass er zu dem bisherigen Ziel von der Klimaneutralität 2045 fest steht. 
    Das klingt ironisch aus dem Mund eines Kanzlers, der in seinem Land gerade reihenweise fossile Lock-Ins veranstaltet – es ist aber ein wichtiges Zeichen an die Ländergemeinschaft und könnte dafür sorgen, dass fossile Lock-Ins kritischer diskutiert werden. 

    Lowlights

    So schön der Loss & Damages Punkt auf der Agenda ist, so traurig ist es, dass es der Artikel 2.1c des Pariser Klimaabkommens nicht auf die Liste geschafft hat. Dazu sagt Michael Spiekermann, österreichischer COP-Deligierter Folgendes:

    "Ganz vorne im Pariser Abkommen, nur wenige Zeilen unter dem 1,5-Grad-Ziel, befindet sich der recht unbekannte Artikel 2.1c. Artikel 2.1c ist mächtig. Er verpflichtet Staaten, Finanzströme klimafreundlich zu machen. Dafür müssen sie fossile Subventionen abschaffen und Banken zu mehr Klimaschutz verpflichten. Das Problem: Artikel 2.1c wird auf der COP27 nicht verhandelt werden - denn Staaten des globalen Südens (G77 + China) haben verhindert, dass er auf die Agenda kommt. Doch Klimaschutz darf nicht gegen Klimawandelanpassung und Loss & Damage ausgespielt werden. Die Menschheit braucht nie dagewesene Fortschritte in allen Bereichen! Auch und insbesondere im Finanzsektor."

    Ihr seht also: Dass der Artikel 2.1c nicht in den Verhandlungen der COP mit aufgenommen wurde, ist ein schlechtes Omen für die ökologische Transformation im Finanzsektor. Loss & Damage Finanzierung und der Artikel 2.1c schließen sich nicht aus, viel mehr müssen sie koexistieren.

    Die Lage in Afrika

    Der Ausschuss der Afrikanischen Union hat in einem Entwurf den Standpunkt Afrikas zum Zugang von Energien innerhalb des Kontinents vorgeschlagen. Der Entwurf bringt aber diverse kritische Dinge mit sich.
    Der Fokus liegt hier vor allem auf der Fortsetzung der Verwendung von fossilen Energieträgern – unterstützt von europäischen Entscheidungsträger:innen die hoffen, damit die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs und der damit einhergehenden Energiekrise abzufedern. 
    Brennstoffindustrien innerhalb und außerhalb Afrikas erklären ausdrücklich, dass Gas, Öl und Kohle eine entscheidende Rolle im Energiemix des Kontinents spielen. Long story short sagen sie damit: „Wir brauchen fossile Energien um dem Kontinent voran zu bringen.” 
    Erneuerbare Energien spielen hier eine klar untergeordnete Rolle, während fossile Industrien – eine Technologie mit Ablaufdatum – priorisiert werden. Wenn dieser Vorschlag angenommen wird, hat das fatale Folgen für das Klima und spezifisch den afrikanischen Kontinent.
    Im klaren Kontrast dazu stehen afrikanische Klimaaktivist:innen; sie fordern eine Transformation des Energiesektors und einen sozialen wie wirtschaftlichen Wandel. Das beinhaltet ganz klar den Ausbau der Erneuerbaren und ein Ende der Subventionen in fossilen Konzerne innerhalb des Kontinentes, sowie keine Förderung von Projekten ausländischer Konzerne wie die Eacop (eine Ölpipeline, die durch Afrika gebaut werden soll) .
    Über 600 Millionen Afrikaner*innen haben keinen Zugang zu den dezentralen, sauberen, günstigen und sozial verträglichen Erneuerbaren Energien, die sie verdient hätten.

    "Das Angebot an Europa, Afrika als Tankstelle zu nutzen, ist ein ausgeklügelter Vorwand, der von einer gefährlichen kapitalistischen Utopie genährt wird, mit der die weitere Nutzung fossiler Brennstoffe in Afrika gerechtfertigt werden soll. Die Produktion von fossilem Gas trägt in keiner Weise dazu bei, die Klimaproblematik auf dem Kontinent zu lösen, und wird, wenn sie angenommen wird, Afrika daran hindern, den Sprung in eine Zukunft mit erneuerbaren und sauberen Energien zu schaffen."

    Die Verhandlungen um die Energien innerhalb Afrikas setzten die nächsten Tage fort. Es bleibt die Hoffnung auf Verbesserung, aber der Frust in Anbetracht der geplanten fossilen Lock-Ins überwiegt maßgeblich. 

    Fazit

    Der erste Tag der COP27 reiht sich ein in das Business as Usual der Weltklimakonferenzen – einige ewiggestrige Staaten blockieren den Klimaschutz, während andere treibende Kraft sind. Es werden Versprechungen gemacht und Reden geschwungen, die im Zweifel sogar nett gemeint sind, deren realer Wert für das Klima sich aber erst an der Umsetzung misst. 
    Unsere Erfahrung lehrt uns: Das ist die Sollbruchstelle. Wenn die Staats- und Regierungschef:innen allerdings ambitioniert genug sind, dann können sie diesen Rhythmus durchbrechen und endlich ernstgemeinten, konkreten, verbindlichen und ausreichenden Wandel anstoßen.
    Danke für die inhaltliche Unterstützung unserer Arbeit an Germanwatch und BUND Jugend!
     

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    4 Gedanken zu “Agenda & Don’t Gas Africa | COP Daily – Tag 1

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